Katrin Prinich-Heutzenröder und 6 befreundete Studienkolleginnen stellen Illustrationen im Schloss Dryburg aus, Corona-bedingt ohne Vernissage; vom 24.10.2020 bis zum 21.11.2020Plakat (1)
Der Kunstwestthüringer e.V. präsentiert ab 24. Oktober die zweite Ausstellung in der Reihe „Nahrungssuche“. Welche Verknüpfungen gibt es? Auch diese zweite Bilderschau zeigt Werke von Künstlerinnen, denen Kunst eine Art Nahrung ist, ob als Broterwerb oder nur als ganz persönliches Bedürfnis, sich auszudrücken. Und es gibt eine weitere Verbindung : ein Jubiläum – der 50. Geburtstag von Katrin Prinich-Heutzenröder. … und dieser war es ein Bedürfnis, unter dem Thema ihre langjährigen, fernen Freundinnen einzuladen, mit ihr gemeinsam auszustellen. Diese Kunst, diese Freundschaften und diese lose Künstlerinnen- Gemeinschaft zu beschreiben, ist nicht anders möglich, als mit einem Rückblick zu beginnen.
Alle Künstlerinnen traten ihr Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst in dem besonderen Jahr 1990 an. Dieser begehrte und besondere Studienplatz war für jede Einzelne sozusagen noch zu DDR-Bedingungen errungen – nun aber war das Leben so überwältigend und wechselhaft, dass es heute noch fast undenkbar ist, wie gewissenhaft alle dieses Studium der „Buchillustration und Buchgestaltung“ begannen. Vielleicht war es die Ehrfurcht vor der bedeutenden Hochschule, vielleicht auch wirklich die Erwartung vor all dem, was man dort lernen kann. Alle saßen pünktlich im großen Zeichensaal an ihrem Schreibtisch, schräg gestellt durch in Papier gewickelte Backsteine und schrieben auf A1 Blatt für Blatt Antiqua oder Kursiv, zeichneten Kastanien, entwarfen Weinetiketten, gaben pünktlich ihre Arbeitsaufträge in Gestaltungslehre ab… setzten die Bleibuchstaben, kämpften mit verschiedenen Klebern in der Buchbinderei, belegten die Kurse in Holzschnitt, Lithografie und Radierung und schwänzten ab und zu mal am Samstag Aktzeichnen. Aber alle haben ihr Handwerk gelernt. Und was dabei bis heute bleibt, ist eine grundlegende Ausbildung in den grafischen Techniken, Schriftgestaltung, Typografie und Zeichnen. Und diese solide Ausbildung bietet zumindest einen Sockel, auf dem manches stehen kann.
Aber nicht alles: Denn nach der Absolvierung des geregelten Grundstudiums führten die Wege, genauso wie bei den meisten in unserem Land, in ungeahnte Möglichkeiten und Freiheiten. Besonders begleitet durch Karl Georg Hirsch / Holzschnitt, Albrecht von Bodecker / Rektor, Rolf Felix Müller / Illustration und Rolf Kuhrt begannen die wichtigen Schritte in die freie Grafik… und dann gab es auch noch Einweisungen in den Mac von Apple… aber da waren alle froh, selbstständig den An- und Ausknopf zu finden. Alle Künstlerinnen beendeten ihr Studium mit dem Diplom in Grafikdesign – weil es den ursprünglichen Studiengang nicht mehr gab. Grafikdesign ist allerdings ein sehr weitläufiger Begriff.
Nach dem Diplom kehrten alle 7, während des Studiums zu Freundinnen gewordenen Künstlerinnen, in ihre Heimat zurück. Regional und emotional. Frau heiratete, gründete, baute Nester, gebar und arbeitete. Und immer wieder flogen Briefe von Haus zu Haus. Und immer wieder nutzte man gerne Gelegenheiten, sich zu treffen und auszutauschen. Eine davon war die von Jürgen Winter 1997 in der Mühlhäuser Allerheiligenkirche initiierte Ausstellung „mobile“, bei der alle hier vertretenen Künstlerinnen beteiligt waren. Weitere Projekte folgten.
Jede der Künstlerinnen lebt heute in einem anderen Ort, meist nahe der Heimat. Jede ist heute ihren schlingernden Weg durch Marktwirtschaft und Familienwirren und Poesie gegangen. Broterwerb bietet die Kunst nicht allen, aber Nahrung. Auf dem Weg durch´s Leben war es manchmal wichtig, überhaut weiter gehen zu können oder einige Verzweigungen mitzunehmen. Der Lernprozess dabei bleibt. Und die Fähigkeit, sich durch Handwerk und Kunst auszudrücken, ist allen eine Basis.
Sylvia Graupner und Annette von Bodecker-Büttner sind die farbenprächtigsten Illustratorinnen. Sie zeichnen für verschiedene Verlage, auch Schulbuchverlage ihre Bilder. Bettina Haller und Bettina Rulf blieben den originalgrafischen Techniken, vor allem dem Holzstich, treu. Druck von Grafik und Schriftsatz in edelster Form betreiben sie nicht nur für sich, sondern auch im Auftrag. Irina Rössler arbeitet am meisten in der Technik der Radierung, Barbara Beger im Holzschnitt. Sie, wie auch Katrin Prinich-Heutzenröder, arbeiten als „Kunstvermittler“ im weitesten Sinn, als Erzieherin, Kindergärtnerin und Lehrerinn, aber immer auch als Grafikerinnen.
Eins ist allen Künstlerinnen gemein: Sie arbeiten mit dem Text. Die Verbindung von Text und Bild liegt jeder Arbeit zugrunde. Schrift stellt eine Magie dar, ob gelesen oder geschrieben, ob gestaltet oder nur im Innersten nachgelauscht. Bilder entwickeln sich aus Worten, neudeutsch: Kopfkino. Althergebracht: Illustration.
Diese Ausstellung zeigt Illustrationen. Auf den Schwingen der Phantasie, in den Bilderwelten der einzelnen Künstlerinnen lässt sie uns Wortwelten bildlich erfahren. Und bietet ein Wiedersehen mit den einstigen Diplomandinnen der HGB – 1997 in der Allerheiligenkirche – und den jetzigen, mmitten im Leben stehenden Künstlerinnen, die neben all den Wirrungen des Lebens festgehalten haben an: dem Bildermachen – und ihrer Freundschaft.
Nahrungssuche II
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