Zum Tod des Bildhauers und Grafikers Harald Stieding aus Bad Langensalza
Harald Stieding legte eine Spur der Steine und Bronzen bis zur fernen skulpturalen Anlage des Europa-Gedenkzeichens in Bassenheim und näher in Hildburghausen das Ehrenmal für den Verleger und Lexikographen Joseph Meyer, auf der ega und dem Hauptfriedhof in Erfurt, vor allem in den Parkanlagen und Straßen Bad Langensalzas. Durch sein „Argusauge“ erblickt man das Bild der Drei-Türme seiner Stadt und in der schönen Baumpflanzung des Arboretums die drei „Großen Paare“ aus heimischem Travertin, ein Grundthema seines Werkes, ein Opus magnum von 2008-10. Zur Signierfigur im Werk des Bildhauers erwuchs sein kleiner Bläser von \ 1986, der ein besinnliches Ständchen bringt.
Stiedings Gestaltung verrät den sinnlichen, zugleich leidenschaftlich nach sozialer Bindung und gesellschaftlicher Harmonie sich sehnenden Menschen, der vom erlebten oder vermissten Zustand, von Konflikten und Spannungen heftig durchschüttelt wird.
Der 1940 in Ufhoven geborene Bad Langensalzaer Künstler, der nach seiner Arbeit als Steinmetz und dem Studium an der Fachschule für Angewandte Kunst in Leipzig seit 1967 ununterbrochen als ein treues und engagiertes Mitglied des Verbandes Bildender Künstler und seit den 90er Jahren im Verein der Kunstwestthüringer wirkte. Seit 1969 war er freischaffend. Als ein expressiv-realistischer Bildhauer und Grafiker ging er mit Solidität, Geradheit und Bedacht, ,,über Kopf und Herz“, ans Werk.
Poesie klingt auch im grafischen Werk an, in Graphitzeichnungen, Tuscheschreiberzeichnungen, Radierungen und Collagen. Den direkten Ausdruck suchend, sind diese mit der Kaltnadel radiert, aber mit Farbe und lappenton bereichert. Wie die Plastiken geben sie Auskunft vom „Auf und Ab“ des Lebens. Figuren assoziieren phantasievoll Felsformationen, landschaftliches, Körperlandschaften. Seine alljährlichen Neujahrsgrafiken waren Konvolute erotischer Freude mit Gedanken zum Lebenssinn, oft voll politischer Bissigkeit. In seinen Texten stellte Harald Stieding seine aphoristische Begabung unter Beweis. Es sind knapp formulierte geistreiche, oft programmatische Gedanken zu Kunst und Leben, voll aktueller Bezüge mit wahren Sentenzen: „Kunst ist machtlos,/ aber nicht ohnmächtig, ja.“
Immer wieder die Figur“ lautete sein programmatischer Titel, der auch für den im Skulpturenpark Behringen aufgestellten „Vor-Lass“ gelten kann und nunmehr auch für den
,,Nach-Lass“ .
Gegen Ende seines Lebens glaubte er mit den „Tanz der Laren“ in der VerbandsgalerieAusstellung, sich mit den römischen mythologischen Figuren segenbringend und schützend zu umhüllen. Die erhoffte magische Wirkung der Laren ist ausgeblieben. Am 13. April 2016 ist Harald Stieding in Bad Langensalza sechsundsiebzigjährig gestorben.
Zum Abschluss seines Lebens setzte Harald Stieding, zu sehen jetzt in Gotha, ein Sinnzeichen mit dem „Denk-Mal. Hände“ aus Bronze und der stilisierten steinernen Rose, wie Kunst in der Gesellschaft „ein Zusammengreifen (erzeugt)“. Über den Tod hinaus gelingt es dem Künstler Harald Stieding mit seiner Kunst zu berühren, zu vermitteln, ,,über Kopf und Herz“ über Kunst und das Leben nachzudenken.
Prof. Dr. Peter Arlt (Gotha)